Rund um die Covid19-Impfung

FAQ – Stellungnahme Hausarztpraxis Bromberghof

1) mRNA-Impfstoffe

Wie wirken die aktuellen mRNA-Impfstoffe (Biontech-Pfizer und Morderna)?

Ähnlich wie ein gewöhnlicher Schnupfenvirus (diese bestehen auch nur aus mRNA), wird der Impfstoff in unsere Körperzellen eingeschleust (bei der Impfung in Zellen des Oberarmmuskels – beim Schnupfen wird mRNA vom Virus z.B. ind ie Zellen der Nasenschleimhaut gebracht). Bei der Impfung produziert dann der Oberarmmuskel einen markanten typischen Bruchteil des Coronavirus, der dann in die Umgebung der Zelle gebracht wird. Dort erkennt unser Immunsystem, dass es Fremdmaterial ist und bildet Antikörper dagegen. Diese sind dann im Körper schon vorhanden und müssen nihct noch erst produziert werden, wenn ein echtes Sars-Cov2-Virus kommt (wir uns also anstecken).

Nach der 1. Impfung hat man ca. 50-70% Schutz. Um einen bis zu 95%-Schutz zu bekommen und ausreichend (lang) zu wirken, ist eine 2. Impfung nötig. Zum Vergleich: Grippeschutzimpfungen haben eine Wirksamkeit von ca 80%.

Vorteile/Nachteile aktueller mRNA-Impfstoffe

  • Vorteile:

    • bis auf allergische Reaktionen und grippeähnliche Symptome keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.

    • Keine (problematischen?) Zusatzstoffe (Aluminium, Hühnereiweiß) zur Stimulierung der Immunantwort

    • Keine Zellkulturen zur Anzüchtung notwendig, auch da keine Zusatzstoffe beteiligt und keine Gefahr der Verunreinigung

    • Kein Risiko vermehrungsfähiger Krankheitserreger

    • Keine Verabreichung von vermehrungsfähiger DNA, die in die Erbsubstanz eingebaut werden könnte

    • mRNA ist im Körper nur sehr kurzlebig (wenige Stunden)

  • Nachteile:

    • Nötige Liponanopartikel (die man auch aus anderen Medikamenten und Pflegeprodukte kennt) könnten die allergischen Reaktionen triggern. Diese sind nötig, weil mRNA-Impfstoffe instabil sind

    • Aufwendige Lagerung (-60 bis 70°C Kühlschränke, daher nur zentrale Impfungen)

    • Wirkdauer noch offen

    • frühere mRNA-Impfstoff-Studien (Tollwut) hatten zum Teil deutliche Nebenwirkungen (Verdacht auf Autoimmunstörung). Fraglich ob dies sich noch bei einer größeren Anzahl vom Impflingen zeigt (in diesem Grad aber bisher nicht nach ca. 250 000 Impflingen, Langzeitfolgen ausgeschlossen)

(angepasst aus anthromedics.org; Impffragen im Zusammenhang mit COVID-19)

2) Vektorimpfstoffe

Wie wirken die aktuellen Vektor-Impfstoffe (Astra-Zeneca, Johnson&Johnson, Sputnik-V)?

Beim Vektorimpfstoff wird ein ungefährliches Virus (Vektor) in den Oberarm gespritzt. Dieses Virus ist entweder leicht verändert und besitzt an seiner Oberfläche typische Merkmale von SarsCov2. Somit reagiert unser Immunsystem gleich mit Antikörperbildung auf diese Moleküle. Oder das Virus enthält (ähnlich dem mRNA-Impfstoff) den Bauplan für typische SarsCov2-Moleküle und wird wie das mRNA-Impfmaterial in die Zelle eingeschleust um die Produktion der Moleküle anzuregen. Als Vektoren dienen z.B. unschädlich gemachte Schnupfenviren (Adenoviren).

Vorteile/Nachteile aktueller Vektor-Impfstoffe

Die Vor- und Nachteile sind ähnlich der mRNA-Impfstoffe. Auch bei den Vektorimpfstoffen gibt es noch keine jahrelangen Erfahrungen.

Besonderer Vorteil: weniger niedrigere Lagerungstemperatur nötig, somit bessere Handhabung

Besonderer Nachteil: Die Wirksamkeit könnte bei Vektorimpfstoffen schwerer erreichbar sein, weil gegen den o.g. ungefährlichen Vektor die Impfperson evtl schon mal Antikörper gebildet hat (weil genau diesen Virus schonmal gehabt). Dann wäre das Problem da, dass das Immunsystem den Vektor ausschaltet, bevor es eine Antikörperreaktion gegen SarsCov2 bilden kann.

3) Proteinbasierte Impfstoffe

Wie wirken proteinbasierte Impfstoffe (Novaxovid)?

Es werden virusähnliche (nicht krankmachende!) Partikel in den Körper geschleust, damit dieser gezielt Antikörper gegen das Virus SARS-CoV-2 bilden kann. Auch hier wurde das Spike-Protein als Modell für die Partikel ausgesucht, weil sich dieses so prominent an der Oberfläche des Virus befindet. Der Unterschied zu den o.g. zwei Impfstofftypen ist, dass in diesem Fall nicht der Körper selbst die Proteine bildet, die dem Immunsystem präsentiert werden, sondern dass die Proteine schon in Zellkultur vorab gezüchtet wurden und direkt unter die Haut und in den Muskel verimpft werden. Die Immunsabwehr kann sofort starten.

Vor- und Nachteile dieser Impfstoffgruppe

Wie bei jeder Impfung können Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopf- sowie Muskel- und Gelenkschmerzen oder Müdigkeit auftreten. Diese Impfreaktionen klingen in der Regel nach wenigen Tagen wieder ab und stellen im Normalfall keinen Anlass zur Sorge dar.
Wie es hier mit seltenen Impferaktionen aussieht, wie z.B. den Herzmuskelentzündungen unter mRNA oder Hernvenenthrombosen unter Vektorimpftsoffen, ist aufgrund der zu niedrigen Probandenzahlen aktuell nicht klar.

4) Allgemein

Welche Personengruppen sollten vor einer Impfung besonders ab-/aufgeklärt werden?

PErsonen <25 Jahren

Neben den statistisch vermehrten Hirnvenenthrombosen unter AstraZeneca bei jüngeren Menschen sind unter Bionmtech/Pfizer vermehrt Herzmuskelentzündungen beschrieben worden.
Bei 1 Mio 25jährige kommt es pro Jahr zu 110 Todesfällen durch Unfall/Verletzungen und zu 34 Todesfällen im Straßenverkehr. Die oben genannten Komplikationen kommen auf 1 Mio 25jährige ca. 11x vor. Am Ende muss jede*r selbst entscheiden, welches Risiko akzeptabler ist. Da das Virus nicht verschwinden wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Ungeimpften es irgendwann bekommen werden. Da sagt dann die Statistik, dass 23 von 1 Mio 25jähriger daran sterben werden.

Kinder im Alter ab 5 Jahren können bei entsprechender Risiko-Vorerkrankung oder bei Wunsch geimpft werden. In der Alterspanne bis 12 Jahren sind die Komplikationen durch die Erkrankung sehr selten. Durch die Impfung aber Stand April 2022 noch seltener. Daher ist die Frage, die ein anthroposophischer Kinderarzt umkehrt verständlich: Nicht ob ich mich impfen lassen soll ist die Frage, sondern was wirklich dagegen spricht. Bei den mittlerwiele millionenfach durchgeführten Impfungen weltweit auch in dieser Altersklasse, spricht nicht viel dagegen. Hinweise und angebliche Statistiken zu Todesfällen, Behidnerungen und Auslösung von schweren Erkrankungen sind bei all den Daten, die auch wir regelmäßig duurchschauen den Fake News zuzuordnen. Ein Vertrauen in unsere hiesigen Systeme und Behörden ist möglich. Wenn nicht hier, wo dann?

AllergikerInnen

  • besondere Vorsicht ist angezeigt wenn bereits mit einem anaphylaktischen Schock auf eine Impfung, ein Medikament oder möglicherweise auch ein bestimmtes Lebensmittel wie Schalentiere reagiert wurde

  • Menschen mit Heuschnupfen, Allergien auf Hausstaub oder Tierhaare müssen sich keine Sorgen machen. Hier sollte aber bei der Impfung die Nachbeobachtung vorab genau besprochen werden

Bei Blutverdünnung (Antikoagulanzien) als Dauermedikament

  • Bei Einnahme von Marcumar, Xarelto (Rivaroxaban), Eliquis (Apixaban), Pradaxa (Dabigatran), Lixiana (Edoxaban) ist Vorsicht geboten. Je nach Indikation sollte der Blutverdünner pausiert werden. Dies ist nur nach ärztlicher Einschätzung möglich. Ansonsten empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), man solle die Impfung mit einer sehr feinen Injektionsnadel durchführen und anschließend „für mindestens zwei Minuten“ eine Kompresse fest auf die Einstichstelle drücken.

  • ASS (Aspirin) gilt medikamentös hier nicht als Blutverdünner!

KrebspatientInnen

  • Sind in den Studien nicht getestet worden. Unklar war anfangs inwieweit eine Impfung sich auch negativ auf eine aktuelle Therapie auswirkt. Nach nun erfolgten Impfungen an Krebspatienten, sieht die onkologische Gesellschaft (DGHO) keine Kontraindikation zur Impfung von Personen mit Krebs, auch nicht bei laufender systemischer Therapie

  • Trotzdem sollten hier die betreuenden Fachärzte und/oder Onkologen befragt werden. Der Krebsinformationsdienst steht für solche Fragestellungen auch zur Verfügung

Durchgemachte Covid19-Erkrankung / Rolle der Antikörper

  • wie lange der Schutz anhält, nach durchgemachter Erkrankung ist weiter unklar. Es bestehen laut Stiko keine Bedenken eine Impfung durchzuführen, wenn die Erkankung unerkannt war (man also zu denen gehört, die unentdeckt Covid19 hatten) oder wenn die Infektion im Frühjahr 2020 (in der “ersten Welle”) stattgefunden hat.

  • wenn eine Erkrankung nachweislich durchgemacht wurde, sollte in den ersten 3 Monaten nach der Infektion keine Impfung stattfinden. Zugelassen ist die Impfung für Personen, deren Covid19-Erkrankung länger als drei Monate zurückliegt. Eine durchgemachte Infektion ersetzt Stand April 2022 eine Boosterimpfung, jedoch nicht eine Erst- oder Zweitimpfung. Wer also ungeimpft eine Erkrankung durchmacht, sthet drei Monate später an demselben Punkt wie vor der Erkrankung. Es wird noch untersucht, wie gut der Antikörperschutz nach Erkrankung ist. Erstaunlicherweise ist dieser in den ersten Untersuchungen zT schlechter und kürzer gewesen, als nach den Impfungen. Daher diese aktuell noch vorsichtige Regelung.

  • Antikörper gegen Covid19 sind Marker um die eigene Immunabwehr einzuschätzen. Die Abwehr findet aber auch auf der T-Zell-Ebene statt. Aktuell sind Bestimmungen dieser Werte keine Kassenleistung und positive Werte können nicht als Äquivalent zum PCR bei Erkrankung angesetzt werden, v.a. nicht für offizielle Genesenenzertifikate.

Worauf ist zeitlich um den Impftermin zu achten?

  • andere Impfungen sollten vorher wie nachher mit einem Abstand von mind. 14 Tagen erfolgen

  • es sollte keine akute Infektion vorliegen. Ggf sollte bei Symptomen auch auf eine Sars-Cov2-Erkrankung getestet werden

  • Wenn nach der ersten Impfung eine laborchemisch nachgewiesene Covid19-Erkrankung stattfindet, soll die 2. Impfung pausiert werden

Ist die Impfung die Rettung aus der Pandemie?


Knapp 2% der Bevölkerung in Baden-Württemberg hatten Anfang Januar 2021 zu Beginn der Impfungen die Krankheit nachweislich durchgemacht. Die Dunkelziffer schwankte zwischen 4 und 10%, so dass maximal 12% es gehabt hätten. Für eine Herdenimmunität benötigt es mind. 60% Durchseuchung (das RKI hat 85% berechnet, wenn man lediglich die impfberechtigten ab 12. LJ einbezieht). Mit der Impfung kann (zumindest zeitlich begrenzt) eine solche Herdenimmunität schneller erreicht werden. Grundimmunisierung mit zwei Impfungen und eine Boosterimpfung haben sich mit der Zeit als stabiler Schutz gegen schwere Verläufe und Komplikationen während einer Covid19-Infektion erwiesen. Es bleibt aber aktuell offen, wann eine Auffrischimpfung in Zukunft zeitlich sein muss. Evtl. jährlich wie bei der Grippeimpfung?

Sars-Cov2 wird nicht verschwinden! Es wird uns noch Jahre (evtl. auch immer) weiter begleiten. Vielleicht so ähnlich wie es auch immer Rhinoviren-Infektionen oder Influenza gibt. Mit vermehrter Durchseuchung und Durchimpfung wird es aber seine Bedrohlichkeit verlieren. Vereinzelt tödliche oder komplizierte Verläufe mit Langzeitschäden wird es aber evtl auch in vielen Jahren in Einzelfällen noch geben. Zunächst ist eine Impfung daher ein wichtiger Baustein um gesellschaftlich wieder eine Entspannung zu bekommen. Eine Entspannung für Betriebe, für Schüler:innen und Kleinkinder in Betreuung, für gefährdete Mitbürger:innen und für uns alle.

Stand April 2022 deuten sich viele Lockerungen an, die aufrgund der aktuell deutlich weniger aggressiven Variante (weniger schwere Verläufe) vertretbar scheinen, aber mit Vorsicht anzugehen sind. Was nach dieser Omikronwelle kommt ist noch nicht absehbar. Sollte es wieder aggressiver werden aber die Verbreitungsstärke von Omikron behalten, dann würden wieder härtere Massnahmen nötig werden. Wir hoffen alle, dass dem so nicht sein wird. Mit einem gesamtgesellschaftlich realistischen Optimismus dürfen wir hoffen, dieser ungewöhnlichen und herausfordernden Zeit in unser aller Leben kraftvoll entgegenzutreten zu können.

letzte Aktualisierung : 07.04.2022

Pascal Seith